NSU-Prozess: Quotierung statt Windhundprinzip

Der Eklat um das Akkreditierungsverfahren beim anstehenden NSU-Prozess, bei dem keine türkischen Medien zum Zuge kamen, wäre vermeidbar gewesen, meint Pickelhering

Wie es auch anders hätte gehen können, zeigt der Kachelmann-Prozess. Bei diesem gab es ein eigenes Kontingent an Plätzen für die interessierte ausländische, besonders die Schweizer, Presse (Jörg Kachelmann ist Schweizer Staatsbürger). 

Dass das Oberlandesgericht (OLG) München stur das Windhundprinzip durchzieht (gegen das bei anders gelagerten Verfahren nichts einzuwenden ist), zeigt die merkwürdige Sicht des Gerichtes auf den Prozess: Das OLG sagt, es wolle den Eindruck eines öffentl. Schauprozesses erst gar nicht aufkommen lassen - und nimmt dafür in Kauf, dass die türkische und griechische Presse nicht vertreten ist. Vertrauensbildung sieht anders aus.

Übrigens ist es kein Argument, festzustellen, dass sich ausländische Medien halt früher hätten akkreditieren sollen und dass alle gleich behandelt würden. In der Praxis ist es eben (nicht nur in Deutschland) so, dass die jeweils lokalen, regionalen bzw. nationalen Medien meist einen Informationssprung haben - also durchaus keine Gleichheit herrscht. Selbst wenn der Vorsprung nur klein ist - gemessen in Zeit - dann reicht dieser doch aus, um auf den vorderen Plätzen zu landen. 

Oft ist das kein Problem, bei Prozesssen mit hoher medialer Aufmerksamkeit und hingegen schon. Das hätte von vorneherein das Gericht veranlassen müssen, bei der Akkreditierung für den NSU-Prozess die Teilnahme türkischer und griechischer PressevertreterInnen durch eine "Quotierung" der Presseplätze abzusichern (selbstverständlich ohne vorher festzulegen, um welche Medien bzw. PressevertreterInnen es sich konkret handelt). 

Ich hoffe, dass eine rechtlich wasserdichte Lösung gefunden wird, die regelmäßige Teilnahme ausländischer Medien, besonders der türkischen, am Prozess doch noch zu garantieren.

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